Nachdenkliches, Gefühle und Erkenntnisse


Im Elternhaus wurde schon kurz nach dem Krieg differenziert über das Ausland gesprochen. Klischees habe ich nicht erfahren. Schon sehr früh hatte ich fremde Sprachklänge in den Ohren. Denn Oma und Opa unterhielten sich mit ihren Töchtern weder in den vertrauten Sprachen holländisch noch deutsch. So gesehen bin ich ihnen allen sehr dankbar.

Ich erinnere mich an meine ersten Berufsjahre, als ich auf ältere Kollegen traf, deren Einstellung und Bewertung zu allem Fremden eher der Sichtweise aus der Vergangenheit entsprach. Sie urteilten, ohne je über die Grenzen geschaut zu haben. Schade, dass da der Keim des Misstrauens nie abgelegt wurde.

Die Grenze zwischen Miss- und Vertrauen ist oft schwer zu finden. Wenn ich irgendwo angesprochen werde, ist es heute noch nicht ganz einfach zu unterscheiden, will man mir helfen, oder steckt da ein Nepp dahinter? Aus der gemachten  Erfahrung weiß ich inzwischen, in welchen Regionen und Umständen diese Grenzen stärker zu beachten sind.

Bis heute habe ich das dumpfe Gefühl im Magen nicht ablegen können, wenn ich deutsche Grenzstellen passiere. Ich vermeide alles, um nicht in Erklärungsnot zu kommen. Doch warum habe ich das Gefühl nur beim Betreten unseres eigenen Landes?

Dabei sollten wir uns glücklich schätzen hier leben zu dürfen. Gewinnt man einen Eindruck außerhalb der Hotels vom täglichen Leben in der Fremde und kann mit Menschen ein paar Gespräche führen, dann scheinen unsere Probleme im Vergleich oft gering.

Gespräche verlaufen in den Regionen durchaus unterschiedlich. Steht in unseren Kulturkreisen die Lebenssituation (Beruf, Besitz, Absicherung) in dem Mittelpunkt der Unterhaltung, so erlebe ich anderswo, dass der engere Familienkreis im Vordergrund spielt.

Interessant ist die Neugier in SO-Asien zu befriedigen: Woher kommst du? - Aus Europa! Von wo da? - Germany! Aha, Klinsmann, Ost oder West? - Nein, das gibt es nicht mehr! Was für eine Jahreszeit habt ihr jetzt? - Winter! Oh, kalt nicht war? - Ja, so wie im Kühlschrank wo die Cola drin steht. Und es sind keine Blätter an den Bäumen! - Oh, really? Wie alt bist du? - Ich sage brav mein Alter und werde ungläubig angeschaut. In solch einem Alter und so weit reisen?! Der Fragesteller holt aus und provoziert: wieviel Kinder hast Du? - Zwei! Zurück kommt ein Strahlen: Ich habe sechs!

Wertfrei betrete ich verschiedene Tempelanlagen. Ich hatte mir früher die Vielzahl der Glaubensrichtungen nicht vorstellen  können. Ich wuchs zu einer Zeit auf, da erfuhr ich von zwei Religionen und das war's. Das aber auf engstem Raum so viele verschiedene Weltanschauungen nebeneinander existieren können, das war neu. Entdecke ich hier nicht auch eine Hierarchie, eine Art Pyramide von Heiligen, über Propheten, Engeln bis dem Höchsten und Unfassbaren? Sind die Anlagen, wie Gnade, Nächstenliebe und Achtung, eingekleidet in Gebote, hier nicht ebenso vorhanden? Was soll die Anmaßung von der Alleinseligmachung?

Ganz allmählich verknüpfen sich Beobachtungen zu einem umfassenden Netz...

Übrigens: ob ich allein die Reisen gemacht hätte, ist für mich schwer mit ja zu beantworten. Wie schön ist es doch, in der Rückschau gemeinsam mit dem Menschen, den wir am meisten lieben, über das Erlebte reden zu können!